Wir brauchen Vorbilder

Gerhard Zoubek/ADAMAH Biohof



Gerhard Zoubek und seine Frau Sigrid haben eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass biologische Landwirtschaft ein erfolgreiches und erfüllendes Geschäftsmodell sein kann. Gerhard Zoubek wünscht sich Vorbilder. Gleichzeitig ist er selber eines.

Ihnen und Ihrer Frau ist das Thema Nachhaltigkeit schon seit der Gründung des ADAMAH BioHof im Jahr 1997 besonders wichtig. Was sind die Gründe dafür?
1997 hat sich die Frage gestellt, wie es mit der Landwirtschaft der Schwiegereltern inn Glinzendorf weitergeht und ich muss sagen, wir haben damals gar nicht gewusst, was Nachhaltigkeit ist. Ich habe vorher im Betrieb meines Vaters gearbeitet, der Landwirtschaftsmaschinen importiert hat. Das Geschäft ging gut bis zur Grenzöffnung durch den EU-Beitritt, dann ist der Markt eingebrochen. So habe ich mich schon einige Zeit vorher neu orientiert und eine Ausbildung zum Psycho-Therapeuten gemacht. Ich war sehr begeistert von der Materie und hatte das große Glück, Viktor Frankl noch kennenzulernen.

Dann kam das Jahr 1997, meine Frau und ich waren um die 40 und es galt, Entscheidungen zu treffen. Aufgrund der Beobachtungen aus meiner Zeit als Landmaschinen-Händler, in der ich die Bauern als unglaublich abhängig von Genossenschaften und dergleichen erlebt habe, wollte ich selbst eigentlich nie Bauer werden.

Wer gab den Anstoß für eine biologische Landwirtschaft?
Das war meine Frau Sigrid, sie hat sich schon damals sehr stark mit biologischem Landbau auseinandergesetzt und jede Menge Informationen in ihrer Nachtkastl-Lade gesammelt. Für mich war das ganz weit weg. Zum Glück haben wir in dieser Zeit den Biologen Peter Lassnig kennengelernt. Er war im Vorstand der Arche Noah und hat eine unglaubliche Vielfalt in unseren Garten gebracht, beispielsweise haben wir 60 verschiedene Kürbisarten angebaut und viele Raritäten wie Erdmandeln oder Haferwurzel. Sigrid und ich waren sprachlos und hingerissen.

Bereits im Herbst 1997 wollten wir diese Vielfalt herzeigen und unsere Begeisterung teilen. Wir haben in unserer Scheune ein Eck ausgeräumt, handschriftlich für unser "Fest der Kürbisse" 100 Personen eingeladen, Kaffee und Kuchen gemacht und das alles mit dem Gedanken, dass schon ein paar Leute kommen werden. Gekommen sind an die 250 begeisterte Menschen. Das war für uns der wesentliche Ansporn, weiter in diese Richtung zu gehen.

Der nächste Schritt war, die Schwiegereltern zu überzeugen, die bis dahin gemeint haben, wir züchten nur Unkraut und ruinieren damit auch noch die Felder der Nachbarn. Das haben wir geschafft und schließlich angefangen. Ohne Plan, ohne Ziel, jedoch ausgestattet mit einer unheimlichen starken inneren Berufung und Mission.

Wie darf man sich diese innere Berufung vorstellen?
Unsere Berufung war, es anders zu machen. Am wichtigsten für eine Landwirtschaft ist der Boden. Den kann man mit chemischen Mittel auslaugen, bis nichts mehr in der Erde ist oder man kann ihn gesund und fruchtbar erhalten, indem man die Kraft der Kreisläufe der Natur wertschätzt und sich daran orientiert. Wir haben von Anfang an darauf geachtet, dass wir unser wirtschaftliches Tun so gestalten und entwickeln, dass wir unser Stück Erde stark, gesund und fruchtbar an die nächste Generation weitergeben können.

Ihr Betrieb hat seit 1997 eine für eine Landwirtschaft beeindruckende Größe erreicht.
Wir sind nie des Wachstums willens gewachsen, sondern organisch, weil uns die Kunden und ihre Wünsche sehr gefordert haben. Wesentlich ist, dass bei uns alles bio-zertifiziert ist. Ich betone das deshalb, weil es mir ein Anliegen ist zu zeigen, dass biologische Landwirtschaft die Welt ernähren kann. Bio ist heute nach wie vor oft in der kleinteiligen Selbstversorger-Ecke verhaftet. Das ist schön, im Großen bringt das aber nicht viel. Wir Bio-Bauern wissen inzwischen, wie eine moderne Bio-Landwirtschaft funktionieren kann, die in Kreisläufen organisiert und automatisiert ist. Wer die natürlichen Kreisläufe versteht, für den sind sie eine nachhaltige Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg. Wir haben damals mit 2 Leuten angefangen, heute sind es ca. 140 Mitarbeiter.

Merken Sie im Betrieb, dass sich das Klima verändert hat?
Wir merken das stark. Wir haben bei uns das pannonische Klima, das bedeutet, dass es früher im Winter viel Frost und Schnee gab, was gerade der biologischen Landwirtschaft sehr guttut, weil das eine natürliche Regulierung der Schädlinge ist. Heute haben wir, weil wir nicht mehr viel Frost haben, mit diesen Problemen viel mehr zu tun. Im Sommer wiederum scheint die Sonne manchmal schon so stark, dass Kürbisse aufplatzen. Zum Glück sind wir im Marchfeld in der Situation, durch natürliche Grundwasserseen beregnen zu können, sonst würde das nicht mehr gehen. Wir spüren die Verschiebung, die Natur, die Erde ist in Veränderung.

Sie haben Ihren gesamten Energiebedarf so klimafreundlich es derzeit möglich ist, ausgerichtet. Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt?
Wir haben schon sehr früh begonnen, zu isolieren, anfangs - zur großen Freude der Mäuse - mit Hanf und Holz. Wir haben auch schon früh mit Kundenbeteiligung eine Photovoltaik-Anlage installiert. Heute haben wir fast 100 kWp, die wir einspeisen. Der Strom, den wir zukaufen, ist 100 % Ökostrom. Für unsere Gastherme verwenden wir teilweise Biogas.

Vor 10 Jahren haben wir uns das erste Elektroauto gekauft und überlegen hier immer weiter. Besonders was die Auslieferung unserer Kistl betrifft sind wir sehr bemüht, durch intensive Routenplanung die Umwelt möglichst wenig zu belasten. Wir wissen, dass noch viel zu tun ist, haben jedoch die Bereitschaft, ständig weiterzugehen.

Was ist Ihnen besonders wichtig?
Ganz besonders wichtig ist mir als Bauer die Wertschätzung von Lebensmitteln. Es gibt kein billiges Lebensmittel. Wenn billig gekauft wird, dann zahlt immer jemand drauf: Menschen aus der dritten Welt oder Tiere oder die Umwelt, die derzeit ja noch kostenlos geschädigt werden kann. Ich wünsche mir mehr Ehrlichkeit, mehr Kostenwahrheit.

Was mich bedrückt ist die vorherrschende Angst in der Wirtschaft, wenn es um`s Teilen oder Kooperieren geht. Ich komme drauf und darunter leide ich, dass auch wir BIO-Pioniere versuchen, den glorifizierten Schein, der uns umgibt, nicht mit anderen teilen zu wollen.

Das Wichtigste ist aber vielleicht, dass wir uns rückbesinnen auf das, was man wirklich für ein glückliches und zufriedenes Leben braucht. Wir brauchen Vorbilder, die uns vorleben, wie ein schönes, vernünftiges Leben funktioniert.


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